Bonn : Eine Austellung befasst sich mit den Hugenotten, die im 16. und 17. Jahrhundert zu Hunderttausenden aus Frankreich flüchten mussten und vor allem in deutschen Ländern eine Bleibe fanden.
L’occasion nous est donnée d’introduire dans ce numéro TRANS du Spectateur européen une brève réflexion portant sur les mouvements de population (migrations, expulsions, exils), internes et externes aux frontières de tel ou tel pays, et les logiques des partages, dans tel ou tel cadre géopolitique. Si, de nos jours, la place faite dans les esprits à l’immigrant extérieur à l’Union européenne (immigrant, réfugié, etc.) est le plus souvent problématique, conditionnée par des peurs ou des orientations politiques destinées à renforcer les partages haineux, c’est aussi que le modèle d’une unité territoriale et fixe (voire ethnique) de la nation s’est installé dans une prégnance telle que plus personne ne veut reconnaître une histoire réelle tissée de mélanges, de dispersions, de rapports de force, migrations et expulsions à l’intérieur même des cadres nationaux. Un tel modèle d’uniformité, parfaitement imaginaire, n’a pu se construire, en effet, qu’à l’encontre de la réalité mouvante et migrante interne à l’Europe, dont on sait qu’elle fait vaciller les catégories du même et de l’autre telles qu’elles sont employées habituellement. Et cette première dénégation est sans doute une des conditions de possibilité du discours portant cette fois sur l’immigration externe, dont on refuse non moins de penser la participation aux découpages arbitraires de la politique.
C’est ce que rappellent une exposition et le projet de constitution d’un Réseau européen de souvenir et de solidarité, Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität. La discussion récente portant sur la construction d’un Centre contre l’expulsion, Zentrum gegen Vertreibungen, à propos des relations entre les peuples de l’Est de l’Europe, les polémiques autour de cette idée encore marquée par les nationalismes, et autour de son lieu d’implantation (Berlin, Breslau, Prague ?) permet de revenir sur le projet de Réseau, projet européen, projet historique et politique, de nature différente.
Voici quelques éléments révélateurs concernant le Centre contre l’expulsion, montrant que ce projet est encore marqué au sceau des nationalismes.
Extraits de : Die Welt, Netzeitung, Der Spiegel.
I - Migrationen, Fucht von den Migranten.
Im September 2000 wurde die Stiftung «Zentrum gegen Vertreibungen» gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine Dokumentationsstätte in Berlin zu errichten. Darin sollen nach den Vorstellungen der Stiftung das Schicksal der 15 Millionen deutschen Vertriebenen, die Veränderungen Deutschlands durch ihre Integration sowie Vertreibungen und Genozid an anderen europäischen Völkern dargestellt werden. Vorsitzende der Stiftung ist Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach. Der zweite Vorsitzende, der SPD-Politiker Peter Glotz, verstarb im August.
In Polen und Tschechien stößt die Idee eines «Zentrums gegen Vertreibungen» in Berlin auf Ablehnung. Auch die rot-grüne Bundesregierung (à l’époque, 2005) stellte sich gegen das Projekt und setzte sich für eine Alternative ein. Zusammen mit Polen, Ungarn und der Slowakei gründete sie im Februar 2005 ein «Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität», das der gemeinsamen Erforschung und Erinnerung an die Vertriebenengeschichte im 20. Jahrhundert dienen soll.
Im Gegensatz zur Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützte die Union die Idee eines Zentrums in Berlin. Im CDU/CSU-Wahlprogramm hieß es: «Wir wollen im Geiste der Versöhnung mit einem Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin ein Zeichen setzen, um an das Unrecht von Vertreibung zu erinnern und gleichzeitig Vertreibung für immer zu ächten.» Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel bekräftigte diese Haltung im Juli als Kanzlerkandidatin bei einem Besuch in Warschau.
In den Koalitionsverhandlungen einigten sich Union und SPD auf eine Kompromissformel. Im Koalitionsvertrag heißt es: «Wir wollen im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen setzen, um - in Verbindung mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität über die bisher beteiligten Länder Polen, Ungarn und Slowakei hinaus - an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten.» (AP)
Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hat die Politik aufgefordert, das umstrittene Zentrum gegen Vertreibungen zu verhindern. «Nur ein Netzwerk des europäischen Erinnerns wird dem Geschehen der Vertreibung gerecht», betonte der Bischof am Sonntag in Berlin vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Ein isoliertes Zentrum gegen Vertreibungen in der deutschen Hauptstadt dürfe es nicht geben. Bei den Koalitionsverhandlungen müssten SPD und CDU in diesem Sinne zu einer Klärung beitragen. Die «unselige Diskussion», die das deutsch-polnische Verhältnis belaste, müsse ein Ende haben. (nz)
Im gegenteil, der Literaturnobelpreisträgers Günter Grass findet das in Berlin geplante «Zentrum gegen Vertreibungen» für das deutsch-polnische Verhältnis «unerträglich». Es müsse eine solche Forschungsstelle geben, aber nicht in Gestalt eines Museums.
Warschau - Vier Länder haben in Warschau die Gründung eines "Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität" vereinbart. Kulturstaatsministerin Christina Weiss, Polens Kulturminister Waldemar Dabrowski, sein slowakischer Kollege Rudolf Chmel und ein Vertreter Ungarns unterzeichneten gestern im Warschauer Königsschloß eine entsprechende Erklärung. Österreich war durch seinen Botschafter vertreten, sieht sich jedoch eher als Beobachter der Entwicklung, während Tschechien schon früh seine Distanz zu dem Projekt deutlich gemacht hatte. Dagegen wurde aus Rumänien, der Ukraine und seitens der russischen Botschaft in Warschau Interesse signalisiert, wie die Gründer berichten.
Das Netzwerk ist eine Antwort der Regierungen auf die Initiative für ein "Zentrum gegen Vertreibungen", welche die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach und der SPD-Politiker Peter Glotz ins Leben gerufen hatten. Sie hatte, wie Weiss in Warschau sagte, "für unsere Beziehungen schädliche Emotionen" geweckt. Darauf hatten Polens Präsident Aleksander Kwasniewski und sein damaliger Kollege Johannes Rau im Oktober 2003 mit einer "Danziger Erklärung" reagiert: Die leidvolle Geschichte solle gemeinsam erforscht, aber keinesfalls gegeneinander gewendet oder gar zur Begründung von materiellen Ansprüchen benutzt werden. Schon zuvor hatte der Bundestag eine Entschließung in diesem Sinne verabschiedet.
Thema des Netzwerks ist, so heißt es in der Erklärung, "die Analyse, Dokumentation und Verbreitung der Geschichte des 20. Jahrhunderts, eines Jahrhunderts der Kriege, der totalitären Diktaturen und der Leiden der Zivilbevölkerung als Opfer von Kriegen, Unterdrückung, Eroberung, Zwangsmigrationen sowie als Opfer von nationalistischen, rassistischen und ideologisch motivierten Repressionen". Das Netzwerk soll ein gemeinsam finanziertes Sekretariat in Warschau und einen paritätisch besetzten Lenkungsausschuß erhalten. Es wird nach den Worten von Dabrowski mit einem "minimalen bürokratischen und finanziellen Aufwand" auskommen. "Wir arbeiten mit den bestehenden Institutionen, wir wollen sie aktivieren und zusammenführen", sagte Ministerin Weiss.
Fast alle Institutionen und Museen aus dem Umfeld der deutschen Vertriebenenverbände hätten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert, auch sei vorstellbar, daß der Bund der Vertriebenen an Projekten des Netzwerks beteiligt werde. 2006 werde das Netzwerk im Haus der Geschichte in Bonn eine Ausstellung über die Vertreibung der Deutschen ausrichten. Derweil plant das "Zentrum gegen Vertreibungen" ebenfalls für 2006 in Berlin die Ausstellung "Das Jahrhundert der Vertreibungen". Darin soll die europäische Geschichte seit dem Völkermord an den Armeniern 1915 behandelt werden. "Den meisten Raum darin nehmen nichtdeutsche Phänomene ein", sagte der Ausstellungskurator, der Historiker Wilfried Rogasch, gestern der WELT.
II - 09 Septembre 2005, billet anonyme.
Kulturstaatsministerin Christina Weiss begrüßt die Festschreibung dieser Projektliste: "Noch ist es nicht selbstverständlich, dass Deutsche und Tschechen, Litauer und Polen, Rumänen und Ungarn sich ihrer Geschichte gemeinsam stellen. Aber wir sind diesem Ziel mit der Gründung des Netzwerks ein großes Stück näher gekommen." Die Kulturstaatsministerin gab heute einen Einblick in die Arbeit des Netzwerks. Sie bezeichnete die Konstituierung der Stiftung "Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität" als einen großen Erfolg und eine Ermutigung zugleich: "Die europäische Zukunft wird sich nur in Vielfalt geeint gestalten lassen, wenn es den Völkern Europas gelingt, sich gemeinsam ihrer Geschichte zu erinnern, der gemeinsamen wie der trennenden. Das allein war für die Bundesregierung Antrieb, das Netzwerk zu bauen, und nicht der Versuch, eine Alternative zum geplanten Zentrum gegen Vertreibungen zu schaffen. Diese Idee wird bei unseren Nachbarn als Provokation empfunden, weil der Blick auf das Thema Vertreibung national verengt erscheint. Wir aber wollen eine von Gemeinsamkeit getragene Aufarbeitung."
III - Discours de Angela Merkel, après sa visité à Paris et Londres, arrivant en Pologne.
Die Vergangenheit werden wir nie verdrängen", bekräftigte die Bundeskanzlerin nach den ersten Gesprächen mit dem künftigen Präsidenten Polens Lech Kaczynski und dem Ministerpräsidenten Kazimierz Marcinkiewicz. Miteinander wollen beide Regierungen den deutsch-polnischen Aussöhnungsprozess weiter verfolgen und sich in Europa gemeinsam für eine dauerhafte Friedensordnung einsetzen.
Europäisches Netzwerk für Erinnerung und Solidarität
Merkel bezeichnete die "Danziger Erklärung" der früheren Präsidenten Deutschlands und Polens, Johannes Rau und Aleksander Kwasniewski, als gute Grundlage für ein europäisches Netzwerk. Rau und Kwasniewski hatten die Europäer dazu aufgefordert, alle Fälle von Umsiedlung, Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert gemeinsam neu zu bewerten und zu dokumentieren.
Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien heißt es dazu: "Die Koalition bekennt sich zur gesellschaftlichen und historischen Aufarbeitung von Zwangsmigration, Flucht und Vertreibung. Sie will im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein wichtiges Zeichen setzen, um - in Verbindung mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität über die bisherigen beteiligten Länder Polen, Ungarn und Slowakei hinaus - an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten."
Bereits im Vorfeld des Besuchs hatte Bundeskanzlerin Merkel erklärt, dieses Erinnern könne angemessen nur mit einer europäischen Perspektive geschehen. "Deshalb wollen wir dies in Verbindung mit dem vor kurzem begründeten Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität und im Dialog mit unseren Nachbarn wie Polen tun. Ein so verstandenes Erinnern hat nichts mit einer Relativierung der Geschichte zu tun", sagte Merkel in einem Interview mit der polnischen Zeitschrift "Fakt" (siehe auch unter Kontext).
IV - Berlin, 12. September 2005 – Ursula Sowa.
Zur Präsentation erster Arbeitsvorhaben des “Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität” in Warschau erklärt Ursula Sowa, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien:
Das 20. Jahrhundert ist wie kaum ein anderes von Kriegen, Flucht und Vertreibung geprägt, unter denen Millionen von Menschen gelitten haben. Diese Geschichte als gemeinsames Projekt zu dokumentieren und zu analysieren ist ein wichtiger Schritt für eine gemeinsame europäische Zukunft.
Wir Deutsche dürfen dabei nie vergessen, dass das nationalsozialistische Regime für die Shoa und den Zweiten Weltkrieg verantwortlich ist, und damit auch für die Vertreibungen nach Kriegsende. Sich dieser Geschichte gemeinsam mit unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarländern zuzuwenden, trägt der besonderen deutschen Verantwortung Rechnung.
Die CDU/CSU-Fraktion hält unbeirrt an ihrem Vorhaben fest, in Berlin ein Zentrum gegen Vertreibungen zu gründen. Sie ist trotz aller Bedenken offensichtlich nicht bereit, den nationalen Fokus bei der Beschäftigung mit der Geschichte von Flucht und Vertreibungen aufzugeben. Für uns ist klar: Es geht nicht um die Ableitung von Ansprüchen für die Gegenwart. Der Weg kann nur in einem gemeinsamen europäischen Dialog auch zu den schmerzhaften Aspekten unserer Geschichte bestehen.
L’occasion nous est donnée d’introduire dans ce numéro TRANS du Spectateur européen une brève réflexion portant sur les mouvements de population (migrations, expulsions, exils), internes et externes aux frontières de tel ou tel pays, et les logiques des partages, dans tel ou tel cadre géopolitique. Si, de nos jours, la place faite dans les esprits à l’immigrant extérieur à l’Union européenne (immigrant, réfugié, etc.) est le plus souvent problématique, conditionnée par des peurs ou des orientations politiques destinées à renforcer les partages haineux, c’est aussi que le modèle d’une unité territoriale et fixe (voire ethnique) de la nation s’est installé dans une prégnance telle que plus personne ne veut reconnaître une histoire réelle tissée de mélanges, de dispersions, de rapports de force, migrations et expulsions à l’intérieur même des cadres nationaux. Un tel modèle d’uniformité, parfaitement imaginaire, n’a pu se construire, en effet, qu’à l’encontre de la réalité mouvante et migrante interne à l’Europe, dont on sait qu’elle fait vaciller les catégories du même et de l’autre telles qu’elles sont employées habituellement. Et cette première dénégation est sans doute une des conditions de possibilité du discours portant cette fois sur l’immigration externe, dont on refuse non moins de penser la participation aux découpages arbitraires de la politique.
C’est ce que rappellent une exposition et le projet de constitution d’un Réseau européen de souvenir et de solidarité, Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität. La discussion récente portant sur la construction d’un Centre contre l’expulsion, Zentrum gegen Vertreibungen, à propos des relations entre les peuples de l’Est de l’Europe, les polémiques autour de cette idée encore marquée par les nationalismes, et autour de son lieu d’implantation (Berlin, Breslau, Prague ?) permet de revenir sur le projet de Réseau, projet européen, projet historique et politique, de nature différente.
Voici quelques éléments révélateurs concernant le Centre contre l’expulsion, montrant que ce projet est encore marqué au sceau des nationalismes.
Extraits de : Die Welt, Netzeitung, Der Spiegel.
I - Migrationen, Fucht von den Migranten.
Im September 2000 wurde die Stiftung «Zentrum gegen Vertreibungen» gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine Dokumentationsstätte in Berlin zu errichten. Darin sollen nach den Vorstellungen der Stiftung das Schicksal der 15 Millionen deutschen Vertriebenen, die Veränderungen Deutschlands durch ihre Integration sowie Vertreibungen und Genozid an anderen europäischen Völkern dargestellt werden. Vorsitzende der Stiftung ist Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach. Der zweite Vorsitzende, der SPD-Politiker Peter Glotz, verstarb im August.
In Polen und Tschechien stößt die Idee eines «Zentrums gegen Vertreibungen» in Berlin auf Ablehnung. Auch die rot-grüne Bundesregierung (à l’époque, 2005) stellte sich gegen das Projekt und setzte sich für eine Alternative ein. Zusammen mit Polen, Ungarn und der Slowakei gründete sie im Februar 2005 ein «Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität», das der gemeinsamen Erforschung und Erinnerung an die Vertriebenengeschichte im 20. Jahrhundert dienen soll.
Im Gegensatz zur Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützte die Union die Idee eines Zentrums in Berlin. Im CDU/CSU-Wahlprogramm hieß es: «Wir wollen im Geiste der Versöhnung mit einem Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin ein Zeichen setzen, um an das Unrecht von Vertreibung zu erinnern und gleichzeitig Vertreibung für immer zu ächten.» Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel bekräftigte diese Haltung im Juli als Kanzlerkandidatin bei einem Besuch in Warschau.
In den Koalitionsverhandlungen einigten sich Union und SPD auf eine Kompromissformel. Im Koalitionsvertrag heißt es: «Wir wollen im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein sichtbares Zeichen setzen, um - in Verbindung mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität über die bisher beteiligten Länder Polen, Ungarn und Slowakei hinaus - an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten.» (AP)
Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber hat die Politik aufgefordert, das umstrittene Zentrum gegen Vertreibungen zu verhindern. «Nur ein Netzwerk des europäischen Erinnerns wird dem Geschehen der Vertreibung gerecht», betonte der Bischof am Sonntag in Berlin vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Ein isoliertes Zentrum gegen Vertreibungen in der deutschen Hauptstadt dürfe es nicht geben. Bei den Koalitionsverhandlungen müssten SPD und CDU in diesem Sinne zu einer Klärung beitragen. Die «unselige Diskussion», die das deutsch-polnische Verhältnis belaste, müsse ein Ende haben. (nz)
Im gegenteil, der Literaturnobelpreisträgers Günter Grass findet das in Berlin geplante «Zentrum gegen Vertreibungen» für das deutsch-polnische Verhältnis «unerträglich». Es müsse eine solche Forschungsstelle geben, aber nicht in Gestalt eines Museums.
Warschau - Vier Länder haben in Warschau die Gründung eines "Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität" vereinbart. Kulturstaatsministerin Christina Weiss, Polens Kulturminister Waldemar Dabrowski, sein slowakischer Kollege Rudolf Chmel und ein Vertreter Ungarns unterzeichneten gestern im Warschauer Königsschloß eine entsprechende Erklärung. Österreich war durch seinen Botschafter vertreten, sieht sich jedoch eher als Beobachter der Entwicklung, während Tschechien schon früh seine Distanz zu dem Projekt deutlich gemacht hatte. Dagegen wurde aus Rumänien, der Ukraine und seitens der russischen Botschaft in Warschau Interesse signalisiert, wie die Gründer berichten.
Das Netzwerk ist eine Antwort der Regierungen auf die Initiative für ein "Zentrum gegen Vertreibungen", welche die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach und der SPD-Politiker Peter Glotz ins Leben gerufen hatten. Sie hatte, wie Weiss in Warschau sagte, "für unsere Beziehungen schädliche Emotionen" geweckt. Darauf hatten Polens Präsident Aleksander Kwasniewski und sein damaliger Kollege Johannes Rau im Oktober 2003 mit einer "Danziger Erklärung" reagiert: Die leidvolle Geschichte solle gemeinsam erforscht, aber keinesfalls gegeneinander gewendet oder gar zur Begründung von materiellen Ansprüchen benutzt werden. Schon zuvor hatte der Bundestag eine Entschließung in diesem Sinne verabschiedet.
Thema des Netzwerks ist, so heißt es in der Erklärung, "die Analyse, Dokumentation und Verbreitung der Geschichte des 20. Jahrhunderts, eines Jahrhunderts der Kriege, der totalitären Diktaturen und der Leiden der Zivilbevölkerung als Opfer von Kriegen, Unterdrückung, Eroberung, Zwangsmigrationen sowie als Opfer von nationalistischen, rassistischen und ideologisch motivierten Repressionen". Das Netzwerk soll ein gemeinsam finanziertes Sekretariat in Warschau und einen paritätisch besetzten Lenkungsausschuß erhalten. Es wird nach den Worten von Dabrowski mit einem "minimalen bürokratischen und finanziellen Aufwand" auskommen. "Wir arbeiten mit den bestehenden Institutionen, wir wollen sie aktivieren und zusammenführen", sagte Ministerin Weiss.
Fast alle Institutionen und Museen aus dem Umfeld der deutschen Vertriebenenverbände hätten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert, auch sei vorstellbar, daß der Bund der Vertriebenen an Projekten des Netzwerks beteiligt werde. 2006 werde das Netzwerk im Haus der Geschichte in Bonn eine Ausstellung über die Vertreibung der Deutschen ausrichten. Derweil plant das "Zentrum gegen Vertreibungen" ebenfalls für 2006 in Berlin die Ausstellung "Das Jahrhundert der Vertreibungen". Darin soll die europäische Geschichte seit dem Völkermord an den Armeniern 1915 behandelt werden. "Den meisten Raum darin nehmen nichtdeutsche Phänomene ein", sagte der Ausstellungskurator, der Historiker Wilfried Rogasch, gestern der WELT.
II - 09 Septembre 2005, billet anonyme.
Kulturstaatsministerin Christina Weiss begrüßt die Festschreibung dieser Projektliste: "Noch ist es nicht selbstverständlich, dass Deutsche und Tschechen, Litauer und Polen, Rumänen und Ungarn sich ihrer Geschichte gemeinsam stellen. Aber wir sind diesem Ziel mit der Gründung des Netzwerks ein großes Stück näher gekommen." Die Kulturstaatsministerin gab heute einen Einblick in die Arbeit des Netzwerks. Sie bezeichnete die Konstituierung der Stiftung "Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität" als einen großen Erfolg und eine Ermutigung zugleich: "Die europäische Zukunft wird sich nur in Vielfalt geeint gestalten lassen, wenn es den Völkern Europas gelingt, sich gemeinsam ihrer Geschichte zu erinnern, der gemeinsamen wie der trennenden. Das allein war für die Bundesregierung Antrieb, das Netzwerk zu bauen, und nicht der Versuch, eine Alternative zum geplanten Zentrum gegen Vertreibungen zu schaffen. Diese Idee wird bei unseren Nachbarn als Provokation empfunden, weil der Blick auf das Thema Vertreibung national verengt erscheint. Wir aber wollen eine von Gemeinsamkeit getragene Aufarbeitung."
III - Discours de Angela Merkel, après sa visité à Paris et Londres, arrivant en Pologne.
Die Vergangenheit werden wir nie verdrängen", bekräftigte die Bundeskanzlerin nach den ersten Gesprächen mit dem künftigen Präsidenten Polens Lech Kaczynski und dem Ministerpräsidenten Kazimierz Marcinkiewicz. Miteinander wollen beide Regierungen den deutsch-polnischen Aussöhnungsprozess weiter verfolgen und sich in Europa gemeinsam für eine dauerhafte Friedensordnung einsetzen.
Europäisches Netzwerk für Erinnerung und Solidarität
Merkel bezeichnete die "Danziger Erklärung" der früheren Präsidenten Deutschlands und Polens, Johannes Rau und Aleksander Kwasniewski, als gute Grundlage für ein europäisches Netzwerk. Rau und Kwasniewski hatten die Europäer dazu aufgefordert, alle Fälle von Umsiedlung, Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert gemeinsam neu zu bewerten und zu dokumentieren.
Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien heißt es dazu: "Die Koalition bekennt sich zur gesellschaftlichen und historischen Aufarbeitung von Zwangsmigration, Flucht und Vertreibung. Sie will im Geiste der Versöhnung auch in Berlin ein wichtiges Zeichen setzen, um - in Verbindung mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität über die bisherigen beteiligten Länder Polen, Ungarn und Slowakei hinaus - an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten."
Bereits im Vorfeld des Besuchs hatte Bundeskanzlerin Merkel erklärt, dieses Erinnern könne angemessen nur mit einer europäischen Perspektive geschehen. "Deshalb wollen wir dies in Verbindung mit dem vor kurzem begründeten Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität und im Dialog mit unseren Nachbarn wie Polen tun. Ein so verstandenes Erinnern hat nichts mit einer Relativierung der Geschichte zu tun", sagte Merkel in einem Interview mit der polnischen Zeitschrift "Fakt" (siehe auch unter Kontext).
IV - Berlin, 12. September 2005 – Ursula Sowa.
Zur Präsentation erster Arbeitsvorhaben des “Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität” in Warschau erklärt Ursula Sowa, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien:
Das 20. Jahrhundert ist wie kaum ein anderes von Kriegen, Flucht und Vertreibung geprägt, unter denen Millionen von Menschen gelitten haben. Diese Geschichte als gemeinsames Projekt zu dokumentieren und zu analysieren ist ein wichtiger Schritt für eine gemeinsame europäische Zukunft.
Wir Deutsche dürfen dabei nie vergessen, dass das nationalsozialistische Regime für die Shoa und den Zweiten Weltkrieg verantwortlich ist, und damit auch für die Vertreibungen nach Kriegsende. Sich dieser Geschichte gemeinsam mit unseren mittel- und osteuropäischen Nachbarländern zuzuwenden, trägt der besonderen deutschen Verantwortung Rechnung.
Die CDU/CSU-Fraktion hält unbeirrt an ihrem Vorhaben fest, in Berlin ein Zentrum gegen Vertreibungen zu gründen. Sie ist trotz aller Bedenken offensichtlich nicht bereit, den nationalen Fokus bei der Beschäftigung mit der Geschichte von Flucht und Vertreibungen aufzugeben. Für uns ist klar: Es geht nicht um die Ableitung von Ansprüchen für die Gegenwart. Der Weg kann nur in einem gemeinsamen europäischen Dialog auch zu den schmerzhaften Aspekten unserer Geschichte bestehen.
Frederic Darmau