20180307

Craintes et Culture


Une sociologue des craintes européennes
Interview dans Der Spiegel
Katja Thimm
----------------------------------------------------------------------------------------


Frau Koppetsch, viele Deutsche scheinen sich im eignen Land nicht mehr zu Hause zu fühlen. Warum ist das so ?

Wenn sich die Spielregeln einer Gesellschaft verändern, meinen viele Menschen, ihre Handlungsfähigkeit zu verlieren. Sie spüren, dass ihre Ansichten und Verhaltensmuster nicht mehr zu den neuen Umständen passen, und das nimmt ihren Vertrauen zu sich selbst und in ihre Umgebung. Am Ende fühlen sie sich in ihrem Land nicht mehr geborgen.

Was hat sich denn geändert ?


Zahlreiche Entwicklungen haben eine grössere Zahl von Menschen spürbar verstört. Dazu gehört, dass Gemeinsinn, Aufrichtigkeit, Bescheidenheit und Prinzipientreue heute weniger zählen als Weltgewandheit, unternehmerisches Geschik und Flexibilität. Das wirkt auf viele oberflächlich, und der Eindruck entsteht, dass jeder für sich allein sorgen muss.

Können Sie das konkreter an politischen Entwicklungen festmachen ?


Viele stossen sich daran, dass Flüchtlinge jede Menge Beistand bekämen, ohne etwas dafür geleistet zu haben – während sie selbst sich, wie sie meinen, jeden Tag mit dem überleben abmühen. Andere fühlen sich durch die Homo-Ehe oder das dritte Geschlecht in ihrem Weltbild angegriffen. Die Bundesrepublik war du DDR über Jahrzehnte ein von kleinbürgerlichem Denken gepräges Land. Aber nun scheint eine kosmopolitische Elite lauter seltsame Angebote für alle möglichen Minderheiten zu machen. Angehörige der traditionnellen Mitelschicht fürchten um ihren Platz im System – und zwar nicht nur ökonomisch, sondern kulturell. Aus diesem Gefühl von Heimatlosigkeit erwachsen dann all die Kampfansagen an die etablierte Gesellschaft.